Zu einem besonderen Musikereignis hatte die Kulturschmiede Neckargartach geladen: Franz Schuberts Liedzyklus „Winterreise“ nach Gedichten von Wilhelm Müller eröffnete das anspruchsvolle Programm zum Jubiläumsjahr der Kulturschmiede.
Die beiden Künstler des Abend mit Michael Marz, Bariton und Helmut Freitag, Klavier, stammen aus dem Saar-Pfalz-Raum. Beide haben unter anderem in Saarbrücken studiert.
Marz ist als freischaffender Pädagoge, Chorleiter und Konzert- und Oratoriensolist tätig, Prof. Helmut Freitag ist Musikdirektor der Universität Saarbrücken und Lehrbeauftragter der Musikhochschule Mannheim und war viele Jahre Kirchenmusiker in Kaiserslauterns.
Sie spannten einen hochkonzentrierten Bogen vom „Fremd bin ich eingezogen“ bis zum „Leiermann“ und seiner Sinn- und Lebensfrage „Soll ich mit ihm gehen?“. Die ausdrucksstarke und facettenreiche Stimme des jungen Baritons konnte die zahlreichen Zuhörer von Beginn an in Bann ziehen und gedanklich mit auf die verzweifelte Reise des Wanderers, fern von Heimat und Liebe, mitnehmen. Das Timbre des Vokalisten ist warm und lässt auch in der Höhe kein Pressen hören. Marz versteht es hervorragend, seine Kräfte über die außerordentlich anstrengende Länge des Zyklus mit immerhin 75 Minuten und 24 anspruchsvollen Liedern ökonomisch und klug zu disponieren. Seine Artikulation ist vorbildlich klar und prägnant, so dass die Zuhörer jeder Entwicklung der Dichtung mühelos folgen konnten.
Sein Partner am Klavier hatte mit einem vom hohen Alter gekennzeichneten Stutzflügel im Gemeindehaus zu kämpfen, der deutliche Schwächen in der klanglichen Bandbreite und Tonansprache zeigte. Dennoch bot Helmut Freitag, pianistisch variantenreich und ohne Tadel sowie – wo gefordert – souverän virtuos, stets ein wunderbar abgestimmtes und kommentierendes Spiel, das den gesungenen Text stets plastisch nachzuzeichnen vermochte. Schon in den Vorspielen zu jedem Lied fasst Schubert seine gesamte Interpretation in wenigen Takten zusammen, die der Pianist sehr treffend formulieren konnte.
Höhepunkte des Abends waren sicher der resignative „Leiermann“, mit dem die Zuhörer in ihre eigene Gedankenwelt entlassen wurden und der zum Volkslied gewordene, allseits bekannte „Lindenbaum“.
Die erfreulich große Zuhörerschar – ca. 85 Personen – lauschte während des gesamten Konzertes überaus konzentriert und entließ die beiden Musiker mit langem Applaus und erst nach einer nicht geplanten Zugabe.